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Foto aufgenommen im Herbst-Baucamp 2025 in Rüthen. Nächstes Baucamp: 06. bis 12. April 2026 (2. Osterferienwoche)

Jugendwerkstatt Siegen 2024/2025 – Ein Jahr voller Aufbruch, Begegnung und Verantwortung

Ein Jahr, das Spuren hinterlässt – in Herzen, auf Wegen und in unserer Gemeinschaft

Wenn junge Menschen, die in ihrem bisherigen Leben häufig erfahren haben, dass sie „nicht dazugehören“, sich mutig auf einen neuen Weg begeben – dann entsteht etwas ganz Besonderes. Genau das durften wir im Projektjahr 2024/2025 in der Jugendwerkstatt Siegen erleben.

Insgesamt 44 Jugendliche interessierten sich in diesem Jahr für eine Teilnahme an der Jugendwerkstatt. 19 junge Menschen begleiteten wir schließlich über kürzere oder längere Zeit hinweg – mit Geduld, mit offenen Ohren, mit einem klaren Blick für Potenziale und nicht zuletzt mit einem Ort, an dem sie angenommen wurden, wie sie sind. Mit ihren Stärken und ihren Schwächen, mit ihren Geschichten, Brüchen, Hoffnungen und Fragen.

Wir starteten im August 2024 mit 16 Teilnehmenden. Es war ein wackeliger Start – geprägt von Wechseln, Abschieden, Neuzugängen. Fehlzeiten, psychische Belastungen, Drogenproblematiken, Wohnortswechsel oder Arbeitsaufnahmen sorgten für Unruhe. Doch gemeinsam mit den jungen Menschen gelang es, die Gruppe zu stabilisieren. Bis zum Herbst wuchs daraus eine Gemeinschaft, die bereit war, sich gegenseitig zu tragen – und gemeinsam zu lernen, zu arbeiten und zu wachsen.

13 junge Menschen blieben bis zum Ende. 13 persönliche Wege – nicht immer geradlinig, aber begleitet, bestärkt und sichtbar weitergekommen.

 

Lernen, was zählt: Schulabschlüsse und mehr

Bildung ist mehr als ein Schulabschluss – aber sie ist auch eine Türöffnerin. Darum ist es uns ein zentrales Anliegen, Jugendlichen genau diese Türen zu öffnen.

Von zwölf zur Externen Prüfung angemeldeten Teilnehmenden haben zehn die Herausforderung angenommen. Fünf von ihnen haben einen Abschluss erreicht – vier den Ersten Schulabschluss, eine Person den Hauptschulabschluss nach Klasse 10. Auch die fünf Jugendlichen, die das Prüfungsziel nicht erreichten, haben an Selbstvertrauen und Klarheit gewonnen. Für fast alle Teilnehmenden konnte eine konkrete Anschlussperspektive entwickelt werden – sei es eine berufsvorbereitende Maßnahme, eine Ausbildung, eine schulische Weiterbildung oder ein Arbeitsplatz.

Ermöglicht wurde dies nicht zuletzt durch die intensive Vorbereitung in einer eigens eingerichteten Lernwoche im April 2025. Was im Vorjahr als Experiment begann, hat sich inzwischen als fester Bestandteil etabliert – mit großem Erfolg und hoher Akzeptanz.

 

Handwerk, Verantwortung, Nachhaltigkeit – Projekte mit Sinn

Was die Arbeit in der Jugendwerkstatt besonders macht, ist die Verbindung von praktischem Lernen mit persönlicher Entwicklung. Die Jugendlichen packen nicht nur mit an – sie gestalten mit, übernehmen Verantwortung, erleben Selbstwirksamkeit.

Ob beim Bau einer schützenden Backsteinmauer für ein Fallrohr, dem Anlegen einer Pflasterfläche aus recycelten Steinen, oder der Errichtung eines Feuerholzunterstands aus alten Paletten – jedes Projekt war mehr als nur ein Arbeitsauftrag. Es war ein Raum zum Lernen, Ausprobieren, Fehler machen und Erfolge feiern.

Besonders hervorzuheben ist der Geländerbau zur Einfriedung des Löschteichs – ein echtes Großprojekt mit hoher Anforderung an Genauigkeit, Ausdauer und Teamwork. Das Ergebnis: ein funktionales, sicheres und zugleich ästhetisch überzeugendes Bauwerk – entstanden aus der gemeinsamen Kraft junger Menschen, die oft nie erfahren durften, was es heißt, etwas fertigzustellen und dafür Anerkennung zu erhalten.

Auch im Metall- und Möbelbau wurde Großartiges geleistet: Für das neue „Haus am Eulenspiegel“ in Rüthen fertigten die Jugendlichen formschöne Sitzbänke – geplant und gebaut in enger Zusammenarbeit mit einem Architekten. Der Moment der Auslieferung war für viele ein Schlüsselerlebnis: „Das haben wir gemacht – und es bleibt.“

 

„Gisela, Knut und August“ – Tiergestützte Pädagogik, die bewegt

Ein besonderes Highlight in diesem Jahr war die Übernahme der Verantwortung für drei Rinder – Gisela, Knut und (seit Frühjahr 2025) August. Die Tiere leben auf dem Erfahrungsfeld „Schön & Gut“ – und sind weit mehr als nur Nutztiere. Sie sind Begleiter, Spiegel, Gegenüber.

Tägliches Füttern, Weidepflege, Beobachtung, Versorgung – all das verlangt Verlässlichkeit, Empathie, Aufmerksamkeit. Die jungen Menschen erleben dabei, was es heißt, gebraucht zu werden – und dass ihr Tun unmittelbare Bedeutung hat. Dass es auf sie ankommt.

In Gesprächen mit dem Landwirt, dem die Tieregehören, entstand ein intensiver Austausch über Tierhaltung, Fleischkonsum und ökologische Verantwortung. Selten war Nachhaltigkeit so konkret spürbar wie hier – in der Begegnung zwischen Mensch und Tier, zwischen Lebensrealität und ethischer Reflexion.

 

Soziales Lernen & gesellschaftliches Engagement

Die Jugendwerkstatt ist kein abgeschlossener Raum – sie ist mitten in der Gesellschaft. Und genau dort setzen viele Projekte an:

  • Im Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus reinigten die Jugendlichen Stolpersteine in Siegen und besuchten das Aktive Museum – eine berührende und nachdenklich stimmende Erfahrung.
  • Beim Kunstprojekt „Wings of Hope“ gestalteten sie das tragende Grundgerüst eines Mahnmals für die Opfer des Hamas-Angriffs – ein internationales, emotional tiefgehendes Zeichen der Solidarität und des Erinnerns.
  • Beim Workshop „Partizipation, Demokratie und Identität“ übernahmen die Jugendlichen selbst die Planung und Umsetzung der Neugestaltung ihrer Umkleideräume – gelebte Demokratie in einem ganz alltäglichen, aber bedeutungsvollen Projekt.
  • Durch den 50. Geburtstag der Hoppmann-Stiftung – die einer unserer Förderer und Gastgeberin auf dem Erfahrungsfeld SCHÖN und GUT ist – ist das Thema „Mitbestimmung“ noch einmal mehr in den Fokus gerückt. Wie können die TN in der Jugndwerkstatt wirkliche, gelebte Pratizipation erfahren? Eine große Aufgabe, die wir teilweise schon umsetzen und gerne weiter ausbauen möchten.

 

Besondere Begegnungen – besondere Wirkung

Manche Tage bleiben einfach im Gedächtnis:

  • Der Besuch von Weihbischof König am 9. Oktober 2024 war für viele Jugendliche ein besonderer Moment. Offen und mutig berichteten sie ihm von ihren Lebenswegen. Der Weihbischof hörte zu – mit Interesse, Respekt und Wertschätzung.
  • Exkursionen nach Dortmund (DASA) und Wiesbaden (Schloss Freudenberg) erweiterten die Horizonte der Jugendlichen – fachlich, sozial, emotional. Sie erlebten Arbeitswelten, hinterfragten Wahrnehmungen, überwanden Ängste, stärkten ihren Gruppenzusammenhalt.
  • Die Apfelernte mit dem NABU und die anschließende Verarbeitung zu Saft, Mus und Kuchen war ein sinnliches Naturprojekt – mit direktem Bezug zu gesunder Ernährung und regionalem Wirtschaften.
  • Der Besuch des Krönchens in Siegen schließlich war für viele ein buchstäblicher Perspektivwechsel: Die Stadt einmal von oben sehen – und dabei über sich hinauswachsen.

 

Der Abschied

Die Jugendwerkstatt Siegen hat im Projektjahr 2024/2025 einmal mehr gezeigt, wie wirkungsvoll Jugendsozialarbeit sein kann. Durch praktische Aufgaben, starke Gemeinschaft, pädagogische Begleitung und echte Mitgestaltungsmöglichkeiten konnten junge Menschen ihre Fähigkeiten entdecken, Verantwortung übernehmen und neue Perspektiven entwickeln – persönlich, beruflich und gesellschaftlich.

Der Abschied des Jahrgangs war emotional – spürbar wurde: Jeder einzelne Teilnehmende hat auf seinem Lebensweg einen großen Schritt nach vorn gemacht. Die Jugendwerkstatt Siegen bleibt ein Ort, an dem Entwicklung sichtbar wird und Zukunft gelingt.

 

Ein herzliches Dankeschön an alle Unterstützerinnen und Unterstützer

All diese Erfahrungen, Projekte und Entwicklungen wären ohne die großzügige Unterstützung des Katholischen Jugendwerks durch seiner Mitglieder, Spenderinnen und Förderer nicht möglich. Sie ermöglichen mehr als „Maßnahmen“. Sie ermöglichen Menschenwürde, Entwicklung, Perspektiven.

Was in der Jugendwerkstatt Siegen geschieht, ist sichtbare, wirksame Jugendsozialarbeit – praktisch, persönlich und zutiefst menschlich. Die Jugendlichen kommen nicht nur mit Arbeits- oder Schulabschlüssen weiter – sie wachsen als Persönlichkeiten, entdecken ihren Wert, übernehmen Verantwortung. Sie bauen sich ein Fundament für ein Leben in Teilhabe und Würde.

Dafür sagen wir: Danke.

Danke für Ihr Vertrauen. Danke für Ihre Unterstützung. Danke, dass Sie mit uns gemeinsam Zukunft möglich machen.

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